CEO View: Nick Allan, Geschäftsführer von Control Risks, über die Herausforderungen und Chancen im Jahr 2025

RiskMap 2025 | Nick Allan | Geschäftsführer

Viele der Herausforderungen, die einst als Folgeerscheinung der Pandemie angesehen wurden, werden auch 2025 präsent bleiben. In Kundengesprächen wird deutlich, dass viele von ihnen nach wie vor mit dem unübersichtlichen, inkohärenten und fragmentierten politischen und wirtschaftlichen Umfeld zu kämpfen haben. Zusätzlich kommen Themen wie Büroanwesenheit, Produktivität, Inflation und der Anstieg von Cyber-Bedrohungen hinzu. Das Jahr 2024 war herausfordernd. Es wurde deutlich, dass Wunschdenken keine Lösung ist. Der Blick in die Zukunft gibt einem das Gefühl gezwungen zu werden, den sprichwörtlichen "Kater-Killer" zu trinken, nur um sich dann wieder in die Bar zu schleppen – für noch einen Tequila und vielleicht eine Schlägerei.

Auch im kommenden Jahr werden Unternehmen mit einer herausfordernden Kombination aus geopolitischen Fragen, wirtschaftlichem Wettbewerb, unzureichender Regulierung und raschem technologischen Wandel konfrontiert sein. Die Unsicherheit nach den US-Wahlen liegt hinter uns. Die Unsicherheit über die Rolle der USA als zögerliche Weltmacht bleibt jedoch bestehen. Obwohl die USA mit innenpolitischen Spannungen kämpfen, üben sie weiterhin einen dominierenden Einfluss auf die meisten Themen aus, mit denen sich Unternehmen befassen müssen. Trotz der angespannten und zersplitterten geopolitischen Beziehungen bleibt die Welt globalisiert und wirtschaftlich so eng verflochten, dass Turbulenzen unvermeidlich sind.

Viele Menschen sind es leid, das Adjektiv „beispiellos“ im Zusammenhang mit der aktuellen globalen Unruhe zu hören – und das zu Recht. Ein Blick in die Weltgeschichte zeigt jedoch, dass es eher die Stabilität der sogenannten Pax Americana nach dem Kalten Krieg war, die beispiellos war. Das Ende der Sowjetunion und die anschließende US-Hegemonie schufen eine seltene Phase geopolitischer Stabilität, vor allem für westliche Länder. Doch diese Ära scheint nun vorbei. Für globale Unternehmen bleibt die Welt komplex und gespalten; nationale Anliegen sind ebenso relevant wie internationale. Das wirtschaftliche und geopolitische Umfeld ist heute ein umkämpfter Raum, in dem Staaten, multinationale Konzerne und sogar kriminelle Netzwerke um Macht und Einfluss streiten. Das bedeutet jedoch nicht, dass es keine Chancen gibt – im Gegenteil. Die Fähigkeit zu Resilienz, Weitsicht und Flexibilität wird mehr denn je darüber entscheiden, wer erfolgreich ist und wer nicht.

Dennoch fällt es schwer Bereiche zu identifizieren, in denen Unternehmen im Jahr 2025 auf einfachere Bedingungen stoßen werden. Länder wie Großbritannien, in denen der Populismus auf dem Rückzug ist, mögen stabiler erscheinen als andere, aber Ruhe und Vernunft inmitten von Aufruhr können manchmal das Gegenteil bedeuten. Ein Paradoxon für die Wirtschaft: Steuererhöhungen und mehr fiskalische Disziplin zur Sanierung der Staatsfinanzen nach der Pandemie werden die Investitionsbereitschaft dämpfen. In der Tat ist es bemerkenswert, dass keine der beiden großen politischen Parteien in den USA mit konkreten Plänen zur Bewältigung der sehr realen Herausforderung der Staatsverschuldung in die Wahlen gezogen ist. Vielerorts verfolgen Politikerinnen und Politiker aus allen politischen Richtungen kurzfristige Ziele, die den langfristigen Wohlstand gefährden.

In der aktuellen Ära von Nationalismus, Populismus und kurzfristiger Entscheidungsfindung in der Politik gibt es einige Themen, die für Unternehmen im kommenden Jahr besonders wichtig werden. Der wirtschaftliche Wettbewerb zwischen China und den großen westlichen Volkswirtschaften wird in den Vordergrund treten. Unternehmen sind mittlerweile besser in der Lage, mit den Sanktionen umzugehen, die schonungslos ausgeweitet wurden. Für viele Staaten wird der Fokus im kommenden Jahr auf der Umgehung von Sanktionen in Drittstaaten liegen. Hinzu kommen die wachsenden Tentakel organisierter Verbrechersyndikate – gestärkt durch neue Technologie und /oder wenig kontrollierte Räume. Gesetze haben heute einen klaren geopolitischen Hintergrund, und in einigen Fällen, insbesondere im Technologiebereich, sind Unternehmen gezwungen, sich für ihre aktuelle und künftige geopolitische Zugehörigkeit zu entscheiden.

Trotz der politischen Umwälzungen, vieler Konflikte und Störfälle haben wir im vergangenen Jahr auch signifikantes Wirtschaftswachstum und zahlreiche Chancen für viele unserer Kunden erlebt. Die US-Wirtschaft hat sich robust entwickelt, und Japan hat erhebliche Auslandsinvestitionen angezogen. Trotz der Herausforderungen im Immobiliensektor verzeichnete auch die chinesische Wirtschaft ein Wachstum, während Indien zunehmend zu einem wichtigen globalen Akteur wird. Die Belastungen der letzten Jahre haben die Resilienz und das Risikomanagement vieler unserer Kunden gestärkt und eine zentrale Erkenntnis hervorgebracht: Eine multipolare, komplexere Welt wird künftig die Norm sein. Das eigentliche Dilemma für viele Unternehmen besteht jedoch darin, sich auf eine veränderte Risikobelohnungsrechnung einzustellen – ein Prozess, der aus meiner Sicht insbesondere in Bezug auf Schwellenmärkte noch nicht vollständig ausgereift ist.

Mit dem Rückgang der Dominanz westlicher Volkswirtschaften und Institutionen in den letzten Jahren haben auch die von ihnen geprägten Governance- und Wirtschaftsthemen an Bedeutung verloren. Viele Schwellenmärkte betreiben zunehmend Realpolitik und setzen darauf, ein breites Spektrum an Investor:innen zu gewinnen, während sie den Marktzugang auch dafür nutzen, um den Druck zu verringern, ihre Governance und Transparenz zu verbessern. Kurzfristig mag dieser Ansatz sinnvoll sein, doch mittelfristig wird Kapital Märkte meiden, in denen die Risiken zu hoch und die Renditen nicht ausreichend gesichert sind – insbesondere dort, wo US-geführte Sanktionen oder Strafverfolgungen drohen. Auch wenn das globale Wirtschaftsumfeld weniger regelbasiert und geopolitisch wettbewerbsorientierter erscheint, bleibt die Dominanz des US-Dollars nach wie vor ein entscheidendes Machtinstrument. Das Risiko-Rendite-Verhältnis wird 2025 eine noch größere Rolle spielen, und Unternehmen müssen dies mit größerer Präzision berücksichtigen. Wachstum wird verstärkt in Märkten zu finden sein, in denen die Bevölkerung wächst und die Konkurrenz schwächer ist – für viele global agierende Unternehmen wird dies an die Pioniertage der Vergangenheit erinnern.

Im vergangenen Jahr wurde ich immer wieder von Kund:innen und Freund:innen darauf angesprochen, dass das aktuelle Umfeld für ein Risikomanagement-Unternehmen wie das unsere geradezu ideal sein müsse. Die Realität ist jedoch weitaus komplexer. Als Unternehmen stehen wir unseren Kundenunternehmen nicht nur in Krisenzeiten zur Seite, sondern begleiten sie vor allem auch dann, wenn sie wachsen und neue Chancen nutzen. In einer Welt, in der das Risikoverständnis groß ist, zögern viele internationale Unternehmen, weiter zu expandieren oder neue Märkte zu erschließen - sie verharren abwartend, beobachten den Sturm und hoffen, dass er vorüberzieht. Risiken verändern sich jedoch ständig, und viele Unternehmen sind zunehmend digitalen und technologischen Risiken ausgesetzt. Neue Technologien wie künstliche Intelligenz verändern unsere Risikowahrnehmung in einem Tempo, das oft kaum nachvollziehbar ist. Die Herausforderung für unsere Kunden und uns besteht darin, diese Veränderungen frühzeitig zu erkennen und Vertrauen in die Vielfalt möglicher Zukunftsszenarien zu entwickeln. Veränderungen können herausfordernd und manchmal beängstigend sein - aber sie bieten auch neue Chancen.

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